Ivonne Langer

 

Hallo,

 

ich heiße Ivonne,bin 46 Jahre alt und habe die Diagnose Mastozytose seit knapp 1 Jahr. Die Krankheit an sich habe ich schon viele lange Jahre.

Als ich ca 14/15 Jahre alt war fielen mir die rotbräunlichen Flecke auf meinen Oberschenkeln erst bewusst auf.

In der Umkleidekabine der Schule starrten mir viele Mitschülerinnen auf die Beine und meinten was ich da für hässliche Flecke hätte, das wäre ja eklig. Ich schämte mich dafür und versuchte ab da immer etwas die Beine/Oberschenkel zu verstecken. Ob das ansteckend wäre?Einige meinte ich sähe ja aus,als ob ich Krätze hätte.

 

Meine Mutter, kein Freund von Ärzten,hielt es nicht für nötig mich deswegen zum Arzt zu schicken.Da sieht aus wie verkappte Sommersprossen.Dir geht es ja gut,also kannst du ja nicht krank sein, das würde man ja merken. Damals gab es ja noch Krankenscheine. Die hatte meine Mutter und somit bekam ich auch keinen für einen Arztbesuch.

Irgendwann hatte ich mich damit abgefunden. Die Beine immer schön „versteckt“.

 

Durch Zufall lernte ich eine Sprechstundenhilfe von einem Hautarzt kennen. Ich,damals Anfang 20, fragte sie , ob es verkappte Sommersprossen gäbe. Sie fing an zu lachen und meinte das sie so was noch nie gehört hätte. Sie wäre bei einem sehr guten Hautarzt beschäftigt und ich solle doch mal vorbei kommen.

Der Hautarzt war sehr nett und erklärte mir das es wie Mastzellen aussehen würde. Man müsse mir dafür ein Stück Haut entfernen und einschicken.

So bekam ich die Diagnose Mastzellen. Mit dem Kommentar des Arztes, das es eine Allergie unter der Haut sei, eine Pigmentstörung. Es sähe zwar hässlich aus, da könne man nichts machen,doch wäre das nichts schlimmes,damit könne man durchaus alt werden.Das wäre ja nichts tragisches.

 

Im Laufe der nächsten Jahre lag ich im Durchschnitt alle 1,5 Jahre im Krankenhaus. Viele Ärzte fragten mich nach den Flecken auf den Beine. Einer meinte sogar...“Ihhh was ist das denn?“.

Immer erklärte ich das es eine Pigmentstörung sei,Mastzellen genannt. Schätzungsweise 60-70 Ärzte haben dieses Flecken gesehen. Doch keiner kam auf die Idee da mal genauer nach zu haken.

 

Die letzten Jahre hatte ich immer mehr „Wehwehchen“ die sich keiner erklären konnte.Kreislaufprobleme,Herzrasen,unerklärliche Übelkeit usw.

Ich hatte mich von meinen ersten Mann getrennt, weil er mir das Leben zur Hölle gemacht hatte.

Somit wurden meine „Wehwehchen“ immer auf die Psyche geschoben. „Das ist alles psychisch bedingt.Sie können nichts dafür.Das ist ihr Unterbewusstsein“. Doch damit wollte ich mich nicht zufrieden geben. Ich machte mich selber auf der Suche nach meinen Problemen. Leider erfolglos.

 

Meine Blutwerte waren alle Top. Nur mein Entzündungswert war schon viele Jahre sehr hoch. Ging nie runter. Auch deshalb wurde ich von einem Arzt zum anderen geschickt. Und wieder in die „Psychoschublade“ geschoben.

 

Vor 3 Jahren bekam ich gesundheitliche Probleme mit meinen kaputten Knochen. Schon mit 40 sagte mir ein Orthopäde,ich hätte die Knochen verschlissen wie ein 60 jähriger Mann, der 40 Jahre hart auf dem Bau gearbeitet hätte.

Hinzu kamen große Probleme durch meinen Exmann.Mein Halbtagsjob stresste enorm (statt 83 Stunden im Monat arbeitete ich 180-200 ). Und das in einem sehr schlechten räumlichen Klima.

 

Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon ca 8 Jahre Restless Legs. Unruhige Beine. Ich war Medikamentös eigentlich gut eingestellt. Mit einem mal fingen aber meine Arme auch immer mehr an unruhig zu werden.Zu zittern.Verdacht auf Tremor.

Ich wurde von meiner Neurologin in die Parkinsonklinik geschickt. Dort wurde mir nach speziellen Untersuchungen und Kopf Scan erklärt das Parkinson in mir schlummerte, aber noch nicht ausgebrochen sei. Das gab mir den Rest. Das war zu viel.

 

Bei der kleinsten Aufregung finden die Arme an zu zittern. Dann der ganze Ärger drumherum. Mein Zeitvertrag sollte in eine Festanstellung umgeändert werden, jetzt war ich auf unbestimmte Zeit krank.Hatte sich somit erledigt.

Es kamen immer neue Rechnungen,Mahnung,Gerichtsvollzieher.Mein Exmann hatte einen Haufen Schulden auf meinen Namen gemacht und alles vor mir verborgen. Ich fiel von einer Katastrophe in die nächste.

 

Dann das schlechte Gewissen, dieser Druck, weil ich meinen zweiten Mann da mit reingezogen habe. Obwohl ich ja nichts dafür konnte. Wir sind sehr glücklich miteinander. Er hat mir schwer geholfen diesen Berg Schulden abzutragen. Doch lastete das schwer auf mir. Es kamen noch eine Menge kleinerer Dinge dazu. Es eskalierte einfach alles.

 

Zu dem Zeitpunkt wusste ich ja nicht, was für eine große Rolle Emotionen bei der Krankheit spielten.Ärger,Stress,auf und ab....Alles Dinge die das Histamin hoch schiessen lassen....Genauso wie Freude.

 

Mal abgesehen davon das meine Arme mit zittern nicht mehr aufhörten, mir ging es immer schlechter. Ständiges Herzrasen, Kreislauf Zusammenbrüche, Übelkeit bis zum Erbrechen.Schwere Depressionen, weil keiner sagen konnte, woher es kam.Immer hieß es „alles psychisch“bedingt.

 

Doch unerklärliches Erbrechen psychisch bedingt? Das ließ mir keine Ruhe. Daran wollte ich nicht glauben. Herzrasen,Kreislaufproblem..Ok das konnte ich ja akzeptieren,das dieses von der Psyche kommen konnte. Aber Erbrechen?

 

Ich wurde öfter angesprochen, das es doch nicht normal sei,das ich mich so oft übergeben würde ohne Grund. Das dachte ich ja auch.

 

Vor ca 1,5 Jahren hatten wir uns einen mediterranen Auflauf gemacht. Mit Nudeln, diversen Kräutern,Speck usw. Kurz nach dem Essen musste ich mich fast 1 Stunde übergeben. Herzrasen,Kreislaufprobleme, enormer Hustenanfall.Meinem Mann ging es gut. Ich hatte schon einige Zeit den Verdacht, das meine Probleme vielleicht mit dem Essen zusammen hängen könnten.

 

Meine Tochter hat eine Lactoseintoleranz. Nachdem es mir besser ging,hab ich sie angerufen und gefragt, wie sich das äußert, wenn sie was falsches gegessen oder getrunken hätte. Was sie an Symptomen aufzählte,kam mir größtenteils bekannt vor. Ab da achtete ich mehr auf das Essen und meine Reaktionen.

 

1 Woche nach dem Telefonat, es war wieder Wochenende, machten wir uns einen schönen Abend. Tolles Essen und Wein. Da ich eine innere Unruhe hatte, konnte ich nicht schlafen. Somit saß ich am Pc und spielte ein paar Spielchen. Genervt wie ich war, weil ich müde war und nicht schlafen konnte, trank ich weiter Wein und rauchte einiges an Zigaretten. Als ich zur Toilette musste, wurde mir ganz merkwürdig.

Ich bekam kalte Schweißausbrüche, Kreislaufprobleme,Herzrasen, mir wurde furchtbar schlecht. Im nächsten Augenblick wurde mir schwarz vor Augen und ich kippte um.

Leichte Gehirnerschütterung, geprellte Nase,Beulen am Kopf, sagte man mir im Krankenhaus. Eine Erklärung konnten sie dafür nicht finden,außer das ich den Alkohol wohl nicht vertragen hätte.

 

Ein paar Tage später musste ich zur Kontrolluntersuchung zu meiner Hausärztin. Soweit alles in Ordnung.Da sagte ich ihr, das ich den Verdacht habe, das ich auf irgendwelche Nahrungsmittel reagiere und das gerne testen würde. Sie meinte, das sie das nicht glaube und ein Test ein paar hundert Euro kosten würde.

Ich solle statt dessen lieber alles akribisch aufschreiben. Was ich wann esse und wann ich welche Probleme hätte. Und ich solle das Histamin nicht vergessen?

 

Histamin? Kenne ich nicht, was ist das? Sie erklärte mir das es entstehen würde, wenn man Essen in der Mikrowelle wieder erwärmen würde.Das würden viele nicht vertragen.

Gesagt,getan. Alles wurde akribisch aufgeschrieben.

 

Dann kam Tag X.

Es gab Spinat und als Nachtisch einen Erdbeershake aus frischen Erdbeeren. Den hatte ich nicht mal zu ¼ getrunken, da fiel ich fast vom Stuhl. Ich googlete nach Spinat,Erdbeeren und Unverträglichkeit.

Da tauchte doch überall das Wort Histamin auf.

Also googlete ich nach Histamin. Dort tauchte dann das Wort Mastzellen auf. Weiter gelesen darüber.

 

Zum ersten Mal lass ich das Wort Mastozytose. Was da stand kam mir alles bekannt vor.

 

Am nächsten Tag ließ ich mir einen Termin beim Professor der Dermatologie im Krankenhaus geben. Er sagte, direkt nach einem Blick auf meine Oberschenkel, das es eindeutig nach Mastozytose aussehe. Allerdings sei diese Krankheit sehr selten und es kenne sich damit nicht aus. Gerne würde er mich zu einem Spezialisten schicken. Dieser sei allerdings knapp 250 km entfernt. Wenn er ihm Anweisung geben würde, wie er das behandeln kann, wäre das keine Problem. Dann könnte ich wiederkommen. Eine Überweisung dürfe er mir aber nicht ausstellen, die bräuchte ich von meinem Dermatologen.

 

Somit bin ich zu meinem Dermatologen.Viele Jahre hat er mir schon auf die Beine geguckt.Aber nie was gesagt.

 

Als ich ihm erklärte warum ich da sei, meinte er so ganz selbstverständlich das es nach einer kutanen Mastozytose aussehen würde.

Ach nee, mit einem mal?Komisch....

Er machte den Dariertest und sagte: „ Ja es ist eine eindeutige kutane Mastozytose. Da müssen wir ihnen Haut entnehmen und einschicken“. Ich fragte ihn, ob er sich denn mit dieser seltenen Krankheit auskenne.

„Überhaupt kein Problem.Damit kenne ich mich gut aus.Ich komme gleich wieder“. Nach kurzer Zeit kam er wieder und meinte,er hätte erst mal einen Kollegen anrufen müssen, da er nicht wusste welchen Blutwert er dafür testen müsse.“ Desweiteren habe ich ihm eine Auflistung meiner gesundheitlichen Probleme gegeben. Herzrasen,Kreislaufprobleme...ja das könnte davon kommen.Aber alle anderen Symptome wie zb. Hustenreiz, ständiges Naselaufen,Konzentrationsprobleme,Juckreiz,asthmaähnliche Hustenanfälle bis zum erbrechen,usw,das wären Symptome die nicht von der Krankheit kämen,sondern eigenständige Krankheiten wären. Da müsste ich mich extra untersuchen lassen.

So viel zum Thema er kenne sich sehr gut aus mit der Krankheit.Nämlich gar nicht....

 

Ein Hoch auf google. Ich fing an zu suchen.

Bei Fcebook trat ich in eine SHG ein und bekam dort viele Antworten auf meine Fragen.

 

Das Medikament, welches mir mein Hautarzt verschrieben hatte, half mir gar nicht.

 

Somit habe ich alle Foren durchsucht, was die Mehrheit so nimmt und bin auf Ketotifen gestoßen.

Wieder zum Hautarzt mit der Bitte mir das zu verschreiben. „Ja das wäre ein gutes Mittel, allerdings würde es einige Wochen dauern, bis er richtig wirkt“.

Es dauert tatsächlich fast 5-6 Wochen bis es wirkte. Unterdes lebte ich histaminarm.

Angefangen mit Eliminationsdiät und dann weiter experimentiert.Jeden Tag ein Lebensmittel getest dazu. Ich war schwer deperessiv in der Zeit.

Nie mehr essen gehen?Nie mehr mein heißgeliebtes Sauerkraut,Spinat?

 

Die ganze Umstellung war die Hölle. Ich bekam Heißhunger. Doch ich durfte ja nicht. Das Experimentieren mit den Lebensmitteln, die langen Reaktionszeiten.Wenn man reagierte,bis zu 72 Stunden danach, was war es? Wo war der Übeltäter? Wir hatten so viele Urlaubspläne.Wollten die Welt bereisen. Alles nicht mehr möglich...ich kann ja nirgends mehr hin.

 

Dachte ich damals. Doch wurde es immer besser mit dem Essen. Immer mehr neue Sachen kamen dazu. Essen gehen ging auch wieder.In guten Restaurants angerufen, denen mein Problem erklärt und die haben speziell für mich gekocht. Ansonsten ass ich unterwegs Bratkartoffeln mit Spiegelei.

 

Ich hatte mir 2 Plakate gekauft.Eines in rot und eines in grün. Immer wenn ich nach der Eliminationsdiät ein Lebensmittel neu getestet hatte, schrieb ich es entsprechend auf das Plakat. Somit konnte ich auch relativ schnell Lebensmittel miteinander kombinieren.

 

Eine Odyssee mit den Ärzten begann. Mein Hautarzt hielt es nicht für nötig weitere Untersuchungen zu machen, da er meine anderen Symptome als eigenständige Krankheit ansah. Obwohl ich ihm erklärte, das eine systemische Mastozytose möglich wäre. Die ganzen Symptome die ich hatte, kämen von der Krankheit. Wären Nebenwirkungen. Ausserdem hätte man vor Jahren eine Leberpunktion bei mir gemacht, da ich Flecke auf der Leber hatte, die sich keiner erklären konnte. Diese war schief gelaufen, ich hatte sie nur mit viel Glück überlebt. Resultat war, ich habe gutartige Flecke auf der Leber. Was das für Flecke sind, wurde nie geklärt.

 

Ich habe um Überweisungen betteln müssen. Doch bin ich bei vielen Ärzten auf Unverständnis und Ignoranz gestoßen. Ich bin Mitglied bei SIGHI geworden. Hatte mir dort den Medikamentenkatalog runter geladen. Den schleppte ich nun immer mit mir rum. Bat die Ärtze den kurzen Abschnitt zu lesen bzgl. Betäubungen. Was immer mit Diskussionen endete. Die vertragen alle, sie auch...Nein,ich nicht.Bitte lesen sie doch den kurzen Abschnitt....Brauche ich nicht,ich sagte doch das vertragen alle.....usw. Nach langer Diskussion lenkte der Arzt genervt ein und meinte dann...ups,da können wir ihnen ja gar keine Betäubung geben.

Warum nicht gleich. Auf diese Ignoranz stieß ich fast immer. Egal ob es um Betäubungen,Medikamente o.ä. ging.

 

Was der Bauer nicht kennt....

 

Mittlerweile habe ich eine eigene SHG gegründet bei Facebook. Und eine "richtige" für den Raum Köln/Bonn/Siegen.Anderen zu helfen tat mir sehr gut.So habe ich wieder eine sinnvolle Aufgabe als mittlerweile Frührentner.

Vor allem zu lesen das man nicht alleine mit den Problemen da steht. Der Austausch untereinander tut unheimlich gut. Hier finde ich die Hilfe die ich brauche und die moralische Unterstützung.

Jedem Betroffenen kann ich nur raten sich einer SHG an zu schließen. Nirgends bekommt man so viele Informationen wie hier. So viele Menschen die einem zuhören und wissen wovon man redet.

 

 

 

 

 

 

 

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